Riskante Praktiken – gefährdete Körper. Körperwissen in somatischen Kulturen

Helfferich, Cornelia (2010): In: Wetterer, Angelika (Hg.): Körper Wissen Geschlecht. Geschlechterwissen und soziale Praxis II. Sulzbach/Taunus: Ulrike Helmer, 40-60

Die für Körperkonzepte konstitutive Deutung von Körpererfahrungen in Geschlechterkategorien (oder umgekehrt) ist nicht ein Privileg der ›Leute‹, in deren Köpfen eine Ordnung des Körpers entsteht. Auch auf der Meta-Ebene der empirisch-wissenschaftlichen Rekonstruktion von Körperkonzepten und ihrer theoriegeleiteten Interpretation werden Konstruktionsleistungen vollbracht, die es daraufhin zu befragen gilt, inwiefern hier Körperkonzepte konstruiert werden.

Der kollektive Wissensbestand der Geschlechterforschung und insbesondere die feministischen Diskurse der 1970er Jahre sowie die Forschungen zu Gewalt in Geschlechterbeziehungen enthalten etwas, das als kollektives Körperkonzept bezeichnet werden kann.

In den Dokumenten der Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre und anschließend in den theoretischen Ansätzen der Frauenforschung wird der Gesellschaftsanalyse die Form einer Beschreibung von auf den Körper übergreifenden Gefährdungen gegeben. Das implizite Körper- und Geschlechterkonzept zeigt einen porösen, weiblichen Körper, dessen Körper-Innen durch das Eindringen der (patriarchalen) Gesellschaft in diesen Körper gefährdet ist. Dieses Konzept findet Fortsetzungen in der Beschreibung des Körper-Innens mit territorialen Metaphern (ein Raum, ein Land) und Metaphern wie der inneren Kolonialisierung z. B. bei Thürmer-Rohr (1990) und verschwand weitgehend in den 1990er Jahren.