Kinderlosigkeit

Helfferich, Cornelia (2011). In: Macha, Hildegard; Witzke, Monika (Hg.): Familie. Handbuch der Erziehungswissenschaft 5. Paderborn u.a. Ferdinand Schöningh, 295-305

Ein Kapitel zu Kinderlosigkeit in einem Handbuch zu Familie und zu den Bedingungen des Aufwachsens für Kinder und Jugendliche – das mag auf den ersten Blick überraschen, denn wo keine Kinder sind, ist (zumindest den meisten Definitionen von Familie zufolge) keine Familie und da ist niemand zu erziehen. Doch macht es auf den zweiten Blick durchaus Sinn, das Thema Kinderlosigkeit auf-zugreifen, wenn man berücksichtigt, dass Kinderlosigkeit mit den Lebensbedingungen von Kindern zu tun hat und dass die Abgrenzung von Kinderlosigkeit und Elternschaft in Zeiten sozialer Elternschaft unscharf geworden ist. Die Lebensbedin-gungen für Kinder in einer Gesellschaft können insofern zur Kinderlosigkeit beitragen, als (potenzielle) Eltern die gesellschaftlichen Bedingungen wahrnehmen und sie mit ihren Vorstellungen abgleichen, wie ihre Kinder aufwachsen sollen – mit dem Ergebnis, dass sie lieber (noch) kinderlos bleiben. Umgekehrt beeinflusst die Verbreitung von Kinderlosigkeit die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen die Kinder aufwachsen. Und die Trennung zwischen Eltern und Kinderlosen ist in-sofern unscharf, als Kinderlose durchaus soziale Eltern werden können. Sie können ein Kind adoptieren oder Stiefvater oder Stiefmutter werden und sie können sogar Eltern von leiblichen Kindern und zugleich sozialer Vater oder soziale Mutter von anderen Kindern werden. Nach einer Klärung von Definition, Ausmaß und Bewertung von Kinderlosigkeit wird im Folgenden den Gründen für und Folgen von Kinderlosigkeit nachgegangen und die Situation von „kinderlosen Eltern“ beleuchtet.