Perspektiven der Frauengesundheitsforschung in Deutschland

Helfferich, Cornelia (1996). In: Maschewsky- Schneider, Ulrike (Hg.): Frauen – das kranke Geschlecht? Mythos und Wirklichkeit. Opladen: Leske+Budrich, 113-126

Die Bezeichnung „FrauenGesundheitsForschung“ ist ein Wortungetüm, das zwei Lesarten zuläßt: entweder „Frauengesundheits-Forschung“ als nicht näher spezifizierte (Frauen-)Forschung zu (Frauen-)gesundheit oder „Frauen-Gesundheitsforschung“ als Gesundheitsforschung, die Frauen in das Blickfeld nimmt. Die Unterscheidung scheint akademisch, aber sie ist für das Verständnis der Geschichte und der heutigen Situation der FrauenGesundheitsForschung wichtig. Der erste Strang hat seine Wurzeln in der Frauenbewegung (im Westen), die feststellte, daß es keine geschlechtsneutrale Gesundheit gibt, sondern eine je andere Gesundheit für Frauen und für Männer; das allgemeingültige Modell von Gesundheit wird nach dem männlichen und nicht nach dem weiblichen Modell gebildet. Der zweite Strang hat seine Wurzeln in der historisch jüngeren Gesundheitsforschung, die entdeckt hat, daß die Variable „Geschlecht“ ein lohnenswertes Differenzierungsmerkmal im Rahmen der entwickelten wissenschaftlichen Vorgehensweisen darstellt. Für die heutige Situation ist charakteristisch, daß beide Stränge miteinander verbunden sind, d.h. daß beide zusammen die Situation der Frauengesundheitsforschung heute beschreiben (diese Verbindung als dritte Lesart soll dann ohne Bindestriche geschrieben werden). Dies unterscheidet eventuell die Situation in der Bundesrepublik Deutschland von der Situation in den USA.